Was geht und was nicht
Zulässigkeit von Baumhäusern
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Nicht nur der Berliner Senat ist bestrebt, Freiflächen einer weitergehenden Bebauung zuzuführen. Eine ähnliche Tendenz ist nach wie vor in Kleingartenanlagen zu beobachten. Interessanterweise halten sich viele Kleingärtner in Bezug auf die von ihnen initiierte Bautätigkeit für Rechtsexperten, da sie in der Regel bei ihrem Vertragspartner erst gar nicht nachfragen, ob ihr Bauvorhaben überhaupt zulässig ist. Aus diesem Grunde kommt es regelmäßig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Beseitigung derartiger Baumaßnahmen. Dies gilt insbesondere auch für die neuerdings verstärkt auftretenden Baumhäuser.
Vertragliche Regelung
Die im Land Berlin verbreiteten Muster-Unterpachtverträge sehen vor, dass für die Errichtung von baulichen Anlagen auf einer Kleingartenparzelle die vorherige Zustimmung des Verpächters einzuholen ist. Ein Kleingärtner, der vor Beginn seiner Baumaßnahmen diese Zustimmung nicht einholt, handelt bereits vertragswidrig. Dies gilt selbst dann, wenn die vom Kleingärtner beabsichtigte bauliche Anlage nach § 3 Abs. 2 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) sowie nach dem abgeschlossenen Unterpachtvertrag grundsätzlich genehmigungsfähig ist. Denn die Verpflichtung zur Einholung einer „vorherigen“ Zustimmung soll sicherstellen, dass die Interessen des Verpächters bereits vor Ausführung der baulichen Maßnahmen berücksichtigt werden.
Der Verpächter ist berechtigt, das äußere Erscheinungsbild seiner Kleingartenanlage zu bestimmen und dem Kleingärtner insoweit Auflagen zu machen, die er bei der baulichen Ausführung zu berücksichtigen hat. Darüber hinaus sind haftungsrechtliche Interessen des Verpächters zu berücksichtigen, die daraus resultieren können, dass mit der baulichen Maßnahme Gefahrenquellen geschaffen werden. Dies ist regelmäßig
bei Baumhäusern gegeben. Plant dagegen der Kleingärtner eine bauliche Anlage, die nach dem Inhalt seines Vertrages nicht zulässig ist, darf der Verpächter die Zustimmung zur Errichtung dieser baulichen Anlage verweigern. Wird die bauliche Anlage ohne Zustimmung des Verpächters
errichtet, steht dem Verpächter gegenüber dem Kleingärtner ein Beseitigungsanspruch zu, der für den Kleingärtner mit nicht unerheblichen Beseitigungskosten verbunden sein kann. Der Kleingärtner hat also nicht nur seine Investition, die er in die bauliche Anlage getätigt hat, verloren, sondern wird zusätzlich noch mit den Beseitigungskosten belastet. Darüber hinaus fallen diesem Kleingärtner auch noch die Kosten der
Rechtsverfolgung zur Last, wenn er seine bauliche Maßnahme nicht freiwillig beseitigt.
Bauliche Anlage
Das Landgericht Berlin hat in seiner Entscheidung vom 15.9.2015 bestätigt, dass Baumhäuser als bauliche Anlagen einzustufen sind, für die die Zustimmung des Verpächters erforderlich ist. Zwar werden Baumhäuser nicht auf dem „Erdboden“ errichtet, sondern in einem Baum verankert.
Nach seinem Verwendungszweck ist jedoch ein Baumhaus eine „ortsfeste Baulichkeit“, die über dem Baum mit dem Boden verbunden ist. Auch nach dem Verwendungszweck ist ein Baumhaus dazu bestimmt, „ortsfest in einem Baum verwendet zu werden“.
Kein Kinderspielhaus
Verschiedene Muster-Unterpachtverträge im Land Berlin sehen Ausnahmen vom Erlaubnisvorbehalt für bauliche Anlagen vor, wenn es sich um ein „Kinderspielhaus“ handelt. Allerdings sehen die vertraglichen Regelungen auch eine Definition vor. Danach muss es sich um ein „Spielgerät“ han-
deln, welches eine bestimmte Grundfläche und eine bestimmte Höhe nicht überschreiten darf und das auf der Kleingartenparzelle „aufgestellt werden“ muss. Mit dieser Definition ist bereits der Verwendungszweck vorgegeben, wonach Kinder, insbesondere Kleinkinder, das Kinderspiel-
haus „unmittelbar, das heißt aufgrund leichterer Erreichbarkeit in erster Linie ebenerdig“ erreichen sollen. Dies ist bei einem Baumhaus, welches erst durch eine Leiter oder eine Strickleiter erklettert werden muss, gerade nicht der Fall. Das Landgericht Berlin hat darüber hinaus noch betont, dass aus dem Umstand, dass für Kinderspielhäuser eine bestimmte Grundfläche vorgegeben ist, deutlich gemacht wurde, dass Kinderspielhäuser ebenerdig und mit eigenem Gewicht auf der Kleingartenfläche ruhen müssen. Dies ist wiederum bei einem Baumhaus nicht gegeben.
Dasselbe Ergebnis gewinnt das Landgericht Berlin daraus, dass Kinderspielhäuser nach den verwendeten Muster-Unterpachtverträgen „aufgestellt“ werden müssen. Auch dies ist bei einer Verankerung des Baumhauses in einem Baum nicht der Fall. Weiterhin hat das Landgericht
Berlin darauf verwiesen, dass mit der Vorgabe von „Grundflächen“ für zulässige Nebengebäude sicher gestellt werden soll, dass eine unzulässige Überbauung der Kleingartenfläche sowohl im Hinblick auf § 3 Abs 2 BKleingG als auch nach den Regelungen des Unterpachtvertrages nicht erfolgt. Dementsprechend hat das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung das Baumhaus nicht als Kinderspielhaus angesehen.
Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin
Das Landgericht Berlin hat in derselben Entscheidung der Auffassung der Kleingärtner eine Absage erteilt, dass evtentuell günstigere Regelungen in den Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin auf bestehende Verträge Einfluss hätten. Dies ist rechtlich nicht möglich. Die öffentlich-rechtliche Verwaltungsvorschrift richtet sich nur an die Berliner Verwaltung und entfaltet keinerlei Bindungswirkung für den zwischen dem Kleingärtner und dem Verpächter bestehenden Vertrag.
Verwirkung
Schließlich hat das Landgericht Berlin erneut die Kleingärtner darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass eine unzulässige bauliche Anlage bereits seit längerer Zeit auf der Kleingartenparzelle stehen würde, nicht dazu führt, dass der Beseitigungsanspruch des Verpächters entfällt. Zum Einen liegt in der Regel das sogenannte Zeitmoment nicht vor. Denn dieses Zeitmoment setzt voraus, dass der Verpächter Kenntnis von der unzulässigen Baulichkeit hat. Verschweigt jedoch der Kleingärtner gegenüber dem Verpächter die Errichtung einer baulichen Anlage, löst dies auch nicht das Tatbestandsmerkmal der „längeren Dauer“ aus. Darüber hinaus fehlt es regelmäßig am sogenannten "Umstandsmoment“. Denn dieses Tatbestandsmerkmal setzt voraus, dass der Verpächter gegenüber dem Kleingärtner einen Vertrauenstatbestand schafft, aus dem er schließen darf, dass eine spätere Geltendmachung des Beseitigungsrechts nicht mehr erfolgt. Eine bloße Untätigkeit des Verpächters genügt insoweit nicht.
Fazit:
Aus der Entscheidung des Landgerichts Berlin folgt, dass weder die persönliche Rechtsauffassung des Kleingärtners noch der Inhalt der Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin maßgeblich dafür sind, ob eine zulässige bauliche Anlage vorliegt. Entscheidend ist allein der Inhalt des Unterpachtvertrages. Darüber hinaus ist es Sache des Verpächters darüber zu entscheiden, welches Erscheinungsbild seine Kleingartenan-
lage aufweisen soll. In diesem Zusammenhang darf der Verpächter auch darüber entscheiden, ob auch haftungsrechtliche Gründe dazu führen, bestimmte bauliche Anlagen in seiner Kleingartenanlage nicht zuzulassen.
Klaus Kuhnigk
Jurist des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V.,
Berliner Gartenfreund 12-2015