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Verfasst am 09.03.2016 um 11:00 Uhr

Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge

Oder: Wenn die Flüchtlingshilfe vom Satzungszweck nicht gedeckt ist!     



Derzeit und wohl auch in naher Zukunft ist Deutschland für viele Menschen das Ziel einer langen und oft auch gefahrvollen Reise. Sie suchen Schutz, Sicherheit und Unterstützung. Vereine, Verbände und Stiftungen helfen mit persönlichem und finanziellem Engagement, um die Betreu-
ung und Versorgung der vielen ankommenden Flüchtlinge sicherzustellen. Zur Förderung und Unterstützung dieses gesamtgesellschaftlichen Engagements hat das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in seinem Schreiben vom 22.09.2015 die nachfolgenden Verwaltungsregelungen veröffentlicht. Sie gelten für die nachfolgenden Maßnahmen, die vom 01.08.2015 bis
31.12.2016 durchgeführt werden. 


Aktion kennzeichnen 

Einem wegen der Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigten Verein, Verband oder einer solchen Stiftung ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer eigenen Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO). Ruft eine Organisation, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke – wie insbe-
sondere mildtätige Zwecke oder Förderung der Hilfe für Flüchtlinge – verfolgt (z.B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für Flüchtlinge auf, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Organisation, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Förderung der Hilfe für Flüchtlinge erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. In entsprechen der Anwendung des Anwendungserlasses zur AO (AEAO) zu § 53, Nr. 11, kann bei Flüchtlingen auf den Nachweis der
Hilfebedürftigkeit verzichtet werden. Es reicht aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die zum Beispiel gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungen, die sie für die Hilfe für Flüchtlinge erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen. Neben der Verwendung der eingeforderten Spendenmittel ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Organisation, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkungunterliegen, ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Unterstützung von Flüchtlingen einsetzt. Auch hier kann in entsprechender Anwendung des AEAO zu § 53, Nr. 11, bei Flüchtlingen auf den Nachweis der Hilfebedürftigkeit verzichtet werden. Werden vorhandene Mittel an andere steuerbegünstigte Organisationen, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung von Flüchtlingen stehen, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet, ist dies nach § 58 Nr. 2 AO unschädlich für die Steuerbegünstigung
der Körperschaft.


Steuerfrei
Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG, bleiben
diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung
kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 EStG) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden. 



Patrick A. Nessler

Rechtsanwalt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des DGB, Berliner Gartenfreund 3-2016

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