Oder: Wie werde ich das Ehrenamt wieder los?
Rücktritt des Vereinsvorstands
Ein Verein ist ein Zusammenschluss einer Vielzahl von Personen. Damit dieser Zusammenschluss nach außen rechtswirksamhandeln kann, verlangt das Gesetz, dass der Verein einen Vorstandhaben muss (§ 26 Abs. 1 Satz 1BGB). Dieser ist der gesetzliche Vertreter des Vereins (§ 26 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Der Vorstand wird, sofern die Satzung keine ausdrücklich anders lautenden Regelungen enthält, durch die Mitgliederversammlung gewählt (§ 27 Abs. 1 BGB). Sobald der jeweilige Kandidat mit der notwendigen Mehrheit gewählt worden ist und er selbst die Annahme des Amtes erklärt hat, ist er Mitglied des Vorstands.
Hier stellt sich die Frage, ob und wie ein Vorstandsmitglied dieses Amt wieder loswerden kann, wenn es nicht bis zum Ablauf der Amtszeit tätig sein will.
Tatsächlich kann ein Vorstandsmitglied grundsätzlich zu jeder Zeit sein Amt niederlegen. Dies wird oft auch als Rücktritt bezeichnet. Dazu hat das Vorstandsmitglied die Amtsniederlegung entweder gegenüber dem Vereinsorgan zu erklären, das es gewählt hat, oder aber gegenüber einem (anderen) nach § 26 Abs. 1 BGB vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied (OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1978, Az. 20 W853/77). Die Vereinssatzung kann für den Rücktritt eines Vorstandsmitglieds besondere Regelungen treffen (zum Beispiel Schriftform für Rücktrittserklärung, Fristen für Rücktritt ohne wichtigen Grund, Ausschluss des Rücktritts ohne wichtigen Grund etc.). Sofern eine Satzung dazu Regelungen enthält, sind diese zu beachten.
Die Rücktrittserklärung des Vorstandsmitglieds ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Das bedeutet, dass sobald die Erklärung von dem zurücktretenden Vorstandsmitglied abgegeben und dem Bestellungsorgan oder einem anderen vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied zugegangen ist, ist das Vorstandsmitglied aus dem Amt ausgeschieden. Auch kann eine solche Erklärung nicht zurückgenommen werden (Sauter/Schwayer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rdnr. 276). Um wieder Vorstandsmitglied zu werden, muss sich das zurückgetretene Vorstandsmitglied also erst wieder in ein Vorstandsamt wählen lassen (Burhoff, Vereinsrecht, 8. Aufl. 2011, Rdnr. 315).
Jedoch darf ein Vorstandsmitglied ausnahmsweise sein Amt dann nicht (sofort) niederlegen, wenn dies zur „Unzeit“ geschehen würde und das Vorstandsmitglied keine wichtigen Gründe für den Rücktritt hat. Zur „Unzeit“ wäre der Rücktritt zum Beispiel, wenn der Verein durch den Rücktritt dieses Vorstandsmitglieds rechtlich handlungsunfähig würde, weil der Vorstand für eine Vertretung nach § 26 Abs. 1 BGB nicht mehr ausreichend besetzt ist. Das folgt aus der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber dem Verein, die es mit der Amtsübernahme eingegangen ist. In einem solchen Fall muss das Vorstandsmitglied dafür Sorge tragen, dass eine Versammlung des nach der Satzung für die Bestellung des Vorstands zuständigen Organs ordnungsgemäß einberufen wird, um so dem Verein die Möglichkeit zu geben, sich einen neuen Vorstand zu wählen. Erst in dieser Versammlung darf das Vorstandsmitglied sein Amt niederlegen.
Auch ein Rücktritt zur „Unzeit“ ist in der Regel wirksam. Das Vorstandsmitglied ist also nach seinem Rücktritt grundsätzlich kein Vorstandsmitglied mehr. Jedoch kann es dem Verein gegenüber schadensersatzpflichtig sein, sofern dem Verein durch den Rücktritt ein Schaden entstanden ist (Sauter/Schwayer/Waldner, Dereingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rdnr. 274).
Allerdings ist ein Rücktritt zur „Unzeit“ nach Auffassung der Rechtsprechung ausnahmsweise dann unwirksam, wenn die Amtsniederlegung aus unredlichen oder gegen Treu und Glauben verstoßenden Gründen (§ 242BGB) erklärt wurde (BGH, in: NJW-RR 2007, 185, für den Fall der Niederlegung des Amtes durch den einzigen Vorstand eines eingetragenen Vereins ohne Bestellung eines neuen gesetzlichen Vertreters nach der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung).
Nach einem neueren Urteil des OLG München (Beschl. v. 6.4.2010, Az. 31 Wx 170/09) kann der Rücktritt zur „Unzeit“ wegen Treuwidrigkeit unwirksam sein, wenn alle Mitglieder des vertretungsberechtigten Vorstands außerhalb einer Mitgliederversammlung ihr Amt niederlegen und weitere Umstände hinzutreten. Das OLG München führt in seiner Entscheidung als solchen weiteren und zur Unwirksamkeit des Rücktritts führenden Umstand aus, dass nach der Satzung des dortigen Vereins auch bei Wegfall nur eines Vorstandsmitglieds umgehend eine Mitgliederversammlung einzuberufen gewesen wäre, um das Amt neu zu besetzen. Das hatte der Vorstand vor seinem gemeinsamen Rücktritt aber nicht getan.
Daraus ergibt sich der dringende Rat an jedes Mitglied des vertretungsberechtigten Vorstands, dass vor einem Rücktritt immer genau geprüft werden sollte, ob durch den Rücktritt die Vertretung des Vereins beeinträchtigt wird. Sollte das der Fall sein, ist zuerst das Vereinsorgan ordnungsgemäß einzuberufen, das für die Neubestellung des Vorstands zuständig ist und in dieser Versammlung, erst der Rücktritt zu erklären.
Patrick R. Nessler
Rechtsanwalt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des BDG, Berliner Gartenfreund 11-2016
