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Verfasst am 27.03.2017 um 11:34 Uhr

 Mitgliedschaft und Stimmrecht

Teil 2: Stimmrechte   



Die Frage der Ausgestaltung von Stimmrechten in Kleingartenvereinen ist in den letzten Jahren verstärkt aufgekommen, nach dem die Unterpachtverträge nicht mehr nur mit Einzelpersonen, sondern zunehmend auch mit Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften abgeschlossen werden. In gleicher Weise sind dann die Kleingartenvereine bestrebt, ebenfalls die Ehegatten, eingetragenen Lebenspartner und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit in den Verein aufzunehmen.


Durch die Aufnahme von Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den Verein verschieben sich nunmehr Stimmrechtsverhältnisse. Mitglieder des Vereins, die lediglich als Einzelpersonen im Unterpachtvertrag standen und deshalb auch nur als Einzelpersonen Mitglied im Verein waren, stellten nunmehr fest, dass Paare, die aufgrund der Ausgestaltung der Unterpachtverträge zugleich als Mitglieder in die Kleingartenvereine aufgenommen wurden, in Kleingartenanlagen ein höheres Stimmgewicht hatten. Dementsprechend begannen Kleingartenvereine, ihre Satzungen dahingehend zu ändern, dass pro Kleingartenparzelle nur eine Stimme gewährt wird und dass mehrere Personen, die einen Unterpachtvertrag unterzeichnet hatten, dieses Stimmrecht nur gemeinsam ausüben können. Dabei haben diese Vereine übersehen, dass sie mit derartigen Satzungsregelungen gegen zwingende Bestimmungen des BGB verstoßen mit der Folge, dass derartige Satzungsregelungen unwirksam sind. In den letzten Jahren werden vom Vereinsregister derartige Satzungsbestimmungen nicht mehr für Eintragungen in das Vereinsregister angenommen.


Im Vereinsrecht herrscht der Grundsatz, dass jedem Mitglied eine Stimme zusteht. Das Stimmrecht ist untrennbar mit der Mitgliedschaft verknüpft. Aus diesem Grunde spielt es keine Rolle, ob eine Kleingartenparzelle nur durch ein Mitglied oder durch mehrere Mitglieder genutzt wird. Die Anzahl der Parzellen ist damit kein Kriterium für die Ausgestaltung von Stimmrechten innerhalb eines Kleingartenvereins.


Allerdings ist es zulässig, dass durch eine Satzungsregelung unterschiedliche „Mitgliedsgruppen“ geschaffen werden. Die Satzung kann zwischen „aktiven Mitgliedern“ und „passiven (bzw. fördernden) Mitgliedern“ unterscheiden. Ebenso kann eine besondere „Ehrenmitgliedschaft“ vorgesehen werden. Dabei kann die Satzung regeln, dass ein Stimmrecht nur den sogenannten „aktiven Mitgliedern“ eingeräumt wird, während „passive Mitglieder“ stimmrechtslos gestellt werden können. Ebenso können „Ehrenmitgliedschaften“ ohne Stimmrecht ausgestaltet werden, wenn das Ehrenmitglied nicht zugleich auch „aktives Mitglied“ des Vereins ist.


Über die Aufnahme in den Verein entscheidet wiederum der geschäftsführende Vorstand des Vereins auf der Basis von Aufnahmeanträgen. Der Verein kann dabei die Entscheidungspraxis dahingehend ausgestalten, dass er nur ein aktives Mitglied pro Kleingartenparzelle zulässt, die übrigen Kleingärtner dagegen nur „passive Mitglieder“ werden können. Dann müssen sich Ehegatten, eingetragene Lebenspartner bzw. Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften entscheiden, wer von ihnen aktives Mitglied werden soll. Auf diese Weise wird dann das Ziel erreicht, dass im Verein nicht mehr Stimmrechte bestehen, als Kleingartenparzellen vorhanden sind.


Zu beachten ist, dass auch passive Mitglieder Mitgliedschaftsrechte besitzen, auch wenn sie kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung haben. Das wichtigste Recht besteht darin, dass nach §37 Abs. 1 BGB eine Minderheit der Mitglieder die Einberufung einer Mitgliederversammlung verlangen können. Dieses Recht steht auch fördernden Mitgliedern zu, weil für die Ausübung dieses Rechts ausschließlich auf die Mitgliedschaft im Verein abgestellt wird. Die Satzung kann dieses Recht nicht auf die aktiven Mitglieder beschränken. Lediglich Regelungen zur Ausgestaltung der erforderlichen Anzahl der Minderheit sind in der Satzung zulässig.


Sind zwei Personen Unterpächter einer Kleingartenparzelle und ist ein Unterpächter aktives Mitglied und der zweite Unterpächter passives Mitglied des Vereins, können diese Personen ihre „Mitgliedschaft“ untereinander nicht tauschen. Wird eine „Statusänderung“ gewünscht, bedarf es hierzu der Mitwirkung des betroffenen Vereins. Es steht in seinem Ermessen, ob er der Statusänderung zustimmt. Soll eine Statusänderung vollzogen werden, bedarf es eines Antrages sowohl des aktiven Mitglieds als auch des passiven Mitglieds und jeweiliger Zustimmungsbeschlüsse des geschäftsführenden Vorstandes des Vereins.


Umgekehrt hat der Verein keinen Anspruch darauf, dass zwei Unterpächter einer Kleingartenparzelle ihren Mitgliedschaftsstatus tauschen und zwar auch dann nicht, wenn das aktive Mitglied z.B. schwer erkrankt und kaum noch in der Lage ist, seine Mitgliedschaftsrechte im Verein selbst wahrzunehmen.


Verstirbt ein aktives Mitglied, endet dessen Mitgliedschaft. Zugleich erlischt das Stimmrecht. Setzt ein Ehegatte, der zugleich Unterpächter und passives Mitglied des Vereins ist, den Unterpachtvertrag fort, wandelt sich dessen Mitgliedschaft nicht automatisch in eine „aktive Mitgliedschaft“. Er bleibt „passives Mitglied“ hat also keine Stimme innerhalb des Vereins. Vielmehr bedarf die Statusänderung eines entsprechenden Antrages und einer Beschlussfassung durch den geschäftsführenden Vorstand innerhalb des Vereins.


War der zweite Vertragspartner dagegen nicht Mitglied des Vereins, bedarf es darüber hinaus eines Antrages auf Aufnahme in den Verein. Wird ein derartiger Aufnahmeantrag nicht gestellt, wird derjenige, der den Unterpachtvertrag nach §12 Abs. 2 BKleingG fortsetzt, nicht Mitglied im Kleingartenverein. Denn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ist nicht davon abhängig, dass der Betreffende auch Mitglied im Kleingartenverein wird.


War dagegen der länger lebende Ehegatte nicht Vertragspartner des Unterpachtvertrages, kann der länger lebende Ehegatte die Kleingartenparzelle nur dann weiternutzen, wenn ein neuer Unterpachtvertrag abgeschlossen wird (§12 Abs. 1 BKleingG). In diesem Fall kann der Abschluss des Unterpachtvertrages davon abhängig gemacht werden, dass der länger lebende Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner auch Mitglied des Kleingartenvereins wird.



Klaus Kuhnigk

Jurist des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V.



Siehe auch Teil 1: Abgrenzung Vereinsrecht und Vertragsrecht

Siehe auch Teil 3: Stimmvollmacht und Beitragspflichten