Einladungsfrist zur Mitgliederversammlung – besondere Vorsicht bei Mitgliedern im Ausland
Mitgliederversammlung: fristgerecht einladen
Die Nichteinhaltung der in der Vereinssatzung vorgeschriebenen Einladungsfrist führt bei einer dadurch verursachten Verkürzung der Frist in der Regel zur Unwirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse (LG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2012, Az. 6 O 357/11).
Oft ist die Satzungsregelung zum Beginn der Frist nicht eindeutig. So heißt es in der Satzung eines Vereins aus Bayern: „Die schriftliche Einladung hat mindestens 14 Tage vor dem Versammlungstermin zu erfolgen.“ Das Oberlandesgerichts (OLG) München hat nun in einer aktuellen Entscheidung (Beschl. v. 11.05.2015, Az. 31 Wx 123/15) ausgeführt, dass diese Regelung auslegungsbedürftig sei. Dem Wortlaut lasse sich nicht eindeutig entnehmen, ob es für die Wahrung der Frist auf den Versand der Einladungen durch den Verein oder auf den Zugang der Schreiben bei den Mitgliedern ankomme.
Nach der herrschenden Rechtsprechung (auch des Bundesgerichtshofs) ist die Satzung eines Vereins objektiv „aus sich heraus“ auszulegen, denn die Verfassung eines Vereins muss wegen der wechselnden Mitglieder aus deren Empfängerhorizont verstanden werden. Dementsprechend spielt nach Auffassung des OLG München der Wortlaut in seiner eventuell typischen Bedeutung eine erhöhte Rolle. Die Formulierung „so hat die schriftliche Einladung mindestens 14 Tage vor dem Versammlungstermin zu erfolgen“ ist nicht zwingend dahin zu verstehen, dass nur die von Seiten des Vereins für die Einladung notwendigen Handlungen vorgenommen werden müssen. Sie kann ebenso bedeuten, dass das Einladungsschreiben mindestens 14 Tage vor dem Versammlungstermin beim Empfänger ankommen muss. In solchen Fällen, so das OLG, beginne eine solche satzungsmäßige Frist nicht schon mit der Absendung des Einladungsschreibens an die Mitglieder, sondern zu deren Schutz erst mit dem Zugang der Einladung.
Den Postweg berücksichtigen
Wichtig für die tägliche Vereinspraxis sind auch die Ausführungen des OLG, dass bei der Berechnung der Einhaltung der Einladungsfrist bezüglich des Zugangszeitpunkts auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem bei normaler postalischer Beförderung mit dem Zugang bei allen Mitgliedern zu rechnen ist. Auf den tatsächlichen Zugang bei jedem einzelnen Mitglied kommt es nicht an. Für die in Deutschland ansässigen Mitglieder darf der Verein bei werktags aufgegebenen Postsendungen grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese innerhalb des Bundesgebiets am nächsten Werktag den Empfänger erreichen, so das OLG. Das gelte aber nur dann, wenn die Einlieferung der Postsendungen bei der Post zu einem Zeitpunkt erfolge, zu dem eine Weiterbeförderung am selben Tag noch möglich sei. Bezüglich Vereinsmitgliedern, welche im Ausland leben, führt das OLG aus, dass der Verein sich nicht darauf berufen könne, dass der Umzug ins Ausland eine Privatangelegenheit des Mitglieds sei.
Der Verein hat, so das OLG, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Bekanntmachung der Mitgliederversammlung in satzungsgemäßer Weise gegenüber allen Mitgliedern erfolgt. Hier sei deshalb für das jeweilige Empfängerland die übliche Postlaufzeit für von Deutschland dorthin verschickte Post zugrundezulegen.
Fazit
Es ist dringend zu empfehlen, vor jeder Einladung zu einer Mitgliederversammlung anhand der Mitgliederliste zu überprüfen, ob Mitglieder ihren Wohnsitz in das Ausland verlegt haben und wie lange die jeweilige normale Postlaufzeit dorthin ist. Einladungen müssen dann entsprechend früher (und zwar beweisbar) abgeschickt werden. Hier könnte eine Satzungsregelung für Vereinfachung sorgen, die den genauen Fristbeginn definiert und/oder eine Einladung per E-Mail oder mittels sonstiger elektronischer Mittel zulässt.
Patrick R. Nessler
Rechtsanwalt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des DGB, Berliner Gartenfreund 8-2015