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Verfasst am 01.04.2013 um 11:00 Uhr

Lärm und Lärmschutz im Kleingarten    

Geräusche entstehen im Kleingarten bei den unterschiedlichsten Tätigkeiten und werden von jedem einzelnen Gartenfreund auch sehr unterschiedlich wahrgenommen. Während Rasenmähen und Baumschnittschreddern noch demjenigen Lärm zugeordnet werden kann, der bei der Gartenbewirtschaftung ganz unvermeidlich entsteht, werden hohe Schallpegel bei Feiern in Nachbars Garten schon oft als störend empfunden.

Was und wie viel an Geräuschentwicklung im Kleingarten geduldet werden muss, ist durch Gesetze und die Rechtsprechung inzwischen nachvollziehbar geregelt. Dabei ist jedoch zwischen denjenigen Vorgaben zu unterscheiden, die ein behördliches Einschreiten gegen den Verursacher der Lärmquelle ermöglichen (öffentlich- rechtlicher Lärmschutz) und solchen Maßgaben, zu deren Einhaltung sich Vertragspartner im Kleingartenwesen zur Aufrechterhaltung der Ruhe in der Kolonieanlage verpflichtet haben (zivilrechtliche Verhaltenspflichten).


Öffentlich-rechtlicher Lärmschutz
Auf Seiten des öffentlich-rechtlichen Lärmschutzes regeln das Berliner Landes-Immissionsschutzgesetz (LImschG Bln) und die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung vom 29.8.2002 (32. BImschV) in Bezug auf den Schutz vor Geräuschen insbesondere die Quelle des Lärms (anlagenbedingte und verhaltensbedingte Immissionen bzw. bestimmte Gerätetypen), die zeitliche Ausdehnung, während der am Tag Umgebungslärm hingenommen werden muss, und die Grenzen dessen, was an Lärmformen zu dulden ist.


Nach §§ 3,4 LImschG Bln ist es zunächst in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr verboten, Lärm zu verursachen, durch den jemand in seiner Nachtruhe gestört werden kann (Schutz der Nachtruhe). An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ist es ferner verboten, Lärm zu verursachen, durch den jemand
in seiner Ruhe erheblich gestört wird (Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe). Für die Anwendung der Norm auf einen Störungsfall genügt dabei nach den Ausführungsvorschriften zum Landes- Immissionsschutzgesetz Berlin (AV LImSchG Bln) die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Lärm verursachende Handlung zu einer Störung führt. Auf eine tatsächliche Störung der Nachtruhe kommt es nicht an. Ausdrücklich von der zeitlichen Beschränkung ausgenommen sind nach § 6 LImschG Bln allerdings insbesondere Maßnahmen, die der Winterglätte- und Schneebekämpfung dienen. Die beruht allein auf praktischen Erfordernissen und ist zur Gewährleistung eines funktionierenden Winterdienstes hinzunehmen. Unabhängig von und neben diesem tageszeitlichen „Schutzbereich“ unterscheidet das LImschG Bln weiter nach Arten von Lärmquellen und erlegt den Lärmverursachern eigenständige Rücksichtnahmepflichten auf. So dürfen Tonwiedergabegeräte und Musikinstrumente nach § 5 LImschG Bln insgesamt nicht in einer Lautstärke benutzt werden, durch die jemand erheblich gestört wird.


Protokoll führen
Die Beurteilung der Erheblichkeit einer störenden Geräuschentwicklung muss für jeden Einzelfall gesondert erfolgen. Es muss für jeden Einzelfall festgestellt werden, ob ein beanstandetes Gartenpflegen oder Musizieren das Maß des Zumutbaren übersteigt. Das Maß des Zumutbaren ist dabei für jeden Einzelfall mit Datum und Uhrzeit genau zu ermitteln unter Berücksichtigung der Lautstärke, der Häufigkeit und Dauer des Musizierens bzw. der Arbeiten und der Hellhörigkeit der Umgebung, speziell also der betroffenen Kolonieanlage insgesamt. Die Eigenschaften des individuellen störenden Geräusches (wie die Lautstärke, die Dauer, die Informationshaltigkeit, die Tonhaltigkeit, die erfassbare Lästigkeit der Geräuschentwicklung) sind dabei ebenfalls unter Einbeziehung der örtlichen Verhältnisse zu ermitteln und dahingehend zu bewerten, ob die Grenze des Zumutbaren bereits als überschritten anzusehen ist. Der Zeitpunkt des Auftretens spielt dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle.


Schall messen
Allgemeine Grundsätze lassen sich daher nur schwer aufzeigen, weil menschliches Verhalten als Lärmquelle sehr vielfältig sein kann. Lärm kann von Menschen entweder durch aktives Tun (durch Feiern, Singen und Grölen) genauso wie durch Unterlassung (durch ungenügende Aufsicht zum Beispiel des verantwortlichen Tierhalters) entstehen. Ein objektivierbarer Anhaltspunkt für die Beurteilung der Erheblichkeit der Geräuschentwicklung ist jedenfalls das spezielle Regelwerk der 6. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes Immissionsschutzgesetz/Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Diese gibt Schallpegel-Messwerte vor, die nach bauplanungsrechtlichen Wohngebietszuordnungen gegliedert in Form einer Dezibel-Skala auflisten, welcher Beurteilungspegel in welchem Gebiet zu welcher Tageszeit die Grenze des Ortsüblichen markiert und daher nicht überschritten werden sollte. Eine Schallpegelmessung am Ort der Geräuschquelle bringt daher einen verwertbaren Nachweis für das Entstehen einer Geräuschbelastung, ist aber nicht ohne gewissen Aufwand durchführbar. Die Benennung mehrerer unabhängiger Zeugen, die eine Lärmquelle als störend empfunden haben, kann den Nachweis der Erheblichkeit einer Lärmbeeinträchtigung ebenfalls erleichtern.


Nach der 32. BImschV dürfen in reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten (hier kommt es auf die entsprechende Ausweisung im örtlich geltenden Bebauungsplan an) im Freien Geräte und Maschinen, die im Anhang zur 32. BImschV besonders definiert sind, darunter so gebräuchliche Gartengeräte wie Heckenscheren und tragbare Motorkettensägen, Rasenmäher und Rasentrimmer, Laubbläser und Laubsammler, Motorhacken (< 3 kW), Vertikutierer und Schredder/Zerkleinerer, aber auch Hochdruckwasserstrahlmaschinen und rollbare Müllbehälter an Sonn- und Feiertagen ganztägig so wie an Werktagen in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr nicht betrieben werden. Freischneider, Grastrimmer/Graskantenschneider, Laubbläser und Laubsammler dürfen nach der 32. BImschV an Werktagen auch in der Zeit von 7 Uhr bis 9 Uhr, von 13 Uhr bis 15 Uhr und von 17 Uhr bis 20 Uhr nicht betrieben werden, es sei denn, dass für die Geräte und Maschinen das Umweltzeichen der Europäischen Gemeinschaft vergeben ist und die Geräte eine entsprechende Kennzeichnung tragen.

Bei Beschwerden über Verhaltensweisen, die mit den vorab benannten Vorschriften in Konflikt geraten, kann die zuständige Behörde (i.d.R. das bezirkliche Ordnungsamt, bei berufsmäßigem Musizieren das Umwelt- und Naturschutzamt) informiert werden. Die Behörde selbst wird dann prüfen, ob und welche Maßnahmen zur Geräuscheindämmung in Frage kommen oder ob die Ahndung des störenden Verhaltens als Ordnungswidrigkeit angezeigt ist.


Zivilrechtlicher Lärmschutz

Darüber hinaus können auch im Unterpachtvertrag oder in der Gartenordnung, welche regelmäßig Bestandteil des Unterpachtvertrages und dadurch für alle Mitglieder einer Kolonieanlage kraft Unterzeichnung verbindlich ist, Ruhezeiten (häufig eine Mittagsruhe) festgelegt sein. Innerhalb dieser vertraglich vereinbarten Ruhezeiten gilt es ebenfalls, Lärm zu vermeiden, durch den Gartennachbarn in ihrer Ruhe erheblich gestört werden. Weiter kann nach den allgemeineren Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches unter Nachbarn ein Anspruch darauf entstehen, die Zuführung von Geräuschen zu unterlassen, soweit die Nutzung der benachbarten Fläche dadurch nicht nur unwesentlich beeinträchtigt wird.


Harte Konsequenzen
Verstöße gegen die Gartenordnung bzw. die Verletzung der weiteren, unterpachtvertraglich übernommenen oder aus nachbarrechtlichen Grundsätzen bestehenden Pflichten zur Vermeidung von Ruhestörungen in der Kolonieanlage können und müssen in der gleichen Art und Weise wie bei den öffentlich-rechtlichen Lärmschutzvorschriften nachgewiesen werden, denn auch im Bereich der vertraglichen Haftung oder bei der Abwehr nachbarlicher Immissionen gilt die schon oben dargestellte Erheblichkeitsgrenze zur Ermittlung der „nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung“. Wenn danach eine Ruhestörung festgestellt und ein Verantwortlicher ermittelt werden kann, sollte er zunächst persönlich auf die für ihn wie für alle anderen in der Kolonieanlage geltenden Vorschriften und deren Einhaltung hingewiesen werden. Bei wiederholten belegbaren Verstößen kommt das Mittel der Abmahnung wegen beharrlicher Verletzung der Vertragspflichten durch den Bezirksverband in Betracht. Lässt sich ein Lärmverursacher auch davon nicht „stören“ und ignoriert die konkret an ihn und gegebenenfalls seine Gäste gerichtete Aufforderung, Ruhe zu bewahren, kann auch eine Kündigung des Unterpachtvertrages möglich werden. Dazu sollte es jedoch im Interesse aller Gartennachbarn niemand kommen lassen.


Sabine Gorn, Verbandsanwältin



Erschienen im Berliner Gartenfreund, April 2013, Seite 4/22-4/23