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Verfasst am 01.06.2015 um 19:00 Uhr

Lärm: Spiel, Satz und kein Sieg

Oder warum Sportstättenlärm kein Minderungsgrund für den Pachtzins ist     


Aus dem Recht der Wohnraummiete ergibt sich, dass bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert, der Mieter nur einen angemessen herabgesetzten Mietzins zu zahlen hat, solange der zur Minderung berechtigende Umstand vorliegt (§ 536 BGB). Im vergangenen Sommer hatte ein Berliner Amtsgericht darüber zu befinden, ob Lärm, der von einem Sportplatz ausgeht, eine in dessen unmittelbarer Nähe gelegene Kleingartenparzelle derart beeinträchtigt, dass deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert wäre. Das Amtsgericht hat dies zu Recht verneint. 


Mit Lärmbelästigung war zu rechnen 

Die Unterpächter hatten die betroffene Parzelle in Kenntnis des Umstands  gepachtet, dass der Sportplatz in der Nähe liegt und aktiv genutzt wird. Dann aber mussten sie, so das Amtsgericht, mit einer Lärmbelästigung rechnen, wie sie sich aus den unregelmäßigen Hintergrundgeräuschen einer Sportveranstaltung ergibt. Spielgeräusche, Ansagen, lautstarke Äußerungen von Spielern und Zuschauern gehören zum normalen und ortsüblichen Nutzungsumfang der Sportanlage. Sie sind hinzunehmende, „unwesentliche“ Beeinträchtigungen im Sinne von §§ 906, 1004 BGB. 


In den Grenzen des normalen, von einer Sportstätte ausgehenden Lärmpegels ist daher die kleingärtnerische Nutzung einer Parzelle nicht gemindert, so dass es den Unterpächtern auch verwehrt ist, deswegen die von ihnen geschuldete Gegenleistung – den Pachtzins – herabzusetzen beziehungsweise nur anteilig zu entrichten. Der vertragsgemäße Gebrauch einer Parzelle besteht in der nicht erwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, also der Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen. 


Nutzung nichteingeschränkt

Die Einhaltung einer bestimmten Ruhe oder gar besonderer Stille in der Umgebung ist dafür weder erforderlich noch geboten, geht doch allein von der gärtnerischen Bewirtschaftung der Parzellen im Sommer mitunter ein geschäftiger Lärmpegel aus. Das ist konsequent und richtig, kann doch selbst in den grünen Oasen der Großstadt kein Gartenfreund verlangen, mehr Ruhe zu beanspruchen, als es nach Gesetz und Recht im ortsüblichen Maß auch jeder andere hinnehmen muss. 


Anders könnte die Sachlage allenfalls zu beurteilen sein, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte für Geräuschimmissionen – vorliegend diejenigen der Sportanlagenlärmschutzverordnung – überschritten würden. Das war jedoch im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. 


Vorher prüfen 

Wer sich entschließt, einen Kleingarten anzupachten, kennt die Lage und Umgebung der zur Nutzung verfügbaren Parzelle von Anfang an und kann diese gegebenenfalls vor der Vertragsunterzeichnung genau prüfen. Sind die lärmenden Stätten bereits vorhanden, kann er sich dann nicht hinterher darauf berufen, mit den ortsüblichen Auswirkungen nahegelegener Unruhequellen – Sportanlagen, Supermarktparkplätzen, Schulhöfen  –  nicht gerechnet zu haben und diese nicht zu dulden. Er sollte erst recht nicht so weit gehen, wegen der „störenden“ Einwirkung den Pachtzins zu mindern – selbst im Wohnraummietrecht ist die Berufung auf einen Mangel der Mietsache ausgeschlossen, wenn der Mangel bei Beginn des Vertragsverhältnisses bekannt war (§ 536BGB). Darum prüfe, wer sich (vertraglich) bindet ...



Sabine Gorn

Juristin des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V., Berliner Gartenfreund 6-2015

Dokumente:
BG 6-2015: Lärm
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