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Verfasst am 09.09.2015 um 11:00 Uhr

Hat Ihr Verein ein Inventarverzeichnis?

Auch Vereine und Verbände müssen Anlagenverzeichnisse haben 



Viele Vereins- und Verbandsvorstände sind der Meinung, dass nur große, bilanzierende Vereine und Verbände ihr Inventar erfassen müssten. Für die Bilanz wird nämlich auch das Sachvermögen bewertet und dort auf geführt. Der Gewinn oder Verlust des Vereins oder Verbands wird dann durch einen Vermögensvergleich zwischen dem Vermögen zum 1.1. eines Jahres und dem zum 31.12. des Jahres ermittelt. Viele Vereine ermitteln ihren Gewinn oder Verlust dagegen nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben. Der Bestandsvergleich der Bilanz mit der Erfassung der Vermögenswerte der Güter wird hier ersetzt durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. 


Der Ansatz von Betriebseinnahmen und -ausgaben folgt dem Zufluss- und Abflussprinzip des § 11 Einkommensteuergesetz. Das legt die Vermutung nahe, dass solche Vereine und Verbände keine Inventarlisten führen müssten. Denn wenn ein Wirtschaftsgut einmal angeschafft ist, erfolgen dafür in den Folgejahren keine Ausgaben mehr. Der Vermögenswert ist vorhanden und fließt weder zu noch ab. Diese Annahme ist falsch! 


Bereits im Jahr 2006 hat der Gesetzgeber dem § 4 Abs. 3 EStG einen Satz 5 angehängt. In diesem heißt es: „Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts insbesondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.“ Damit ist auch für Vereine und Verbände die Pflicht zur Führung von Anlagenverzeichnissen
eingeführt worden, die ihren Gewinn und Verlust nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. 


Zu Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gehören nach § 247 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) die Wirtschaftsgüter, die bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb auf Dauer zu dienen. Umfasst sind alle Vermögensteile, die zum Aufbau und zur Ausstattung eines Betriebes, hier also des Vereins oder Verbands, nötig und langfristig im Verein oder Verband gebunden sind. Das sind zum Beispiel beim Sportverein auch die Turngeräte, beim Musikverein die Musikinstrumente und beim Kindergartenträgerverein die Spielsachen, Tische, Stühle etc. 


Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind Wirtschaftsgüter, die nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb auf Dauer zu dienen. Dabei beschränkt aber § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG die Pflicht zur Erfassung der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Anlagenverzeichnis auf Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, Grund und Boden sowie Gebäude. 


Die Aufzeichnungspflicht gilt auch für geringwertige Wirtschaftsgüter. Das sind Wirtschaftsgüter, die zu einer selbständigen Nutzung fähig sind und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), 410 Euro nicht übersteigen. Ein Wirtschaftsgut ist einer selbstständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner Zweckbestimmung im Verein/Verband nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind (z.B. die Computertastatur oder -maus ist ohne Com puter nicht nutzbar).


Fazit
Auch kleine und mittlere Vereine müssen ein Verzeichnis der Wirtschaftsgüter im oben dargestellten Umfang führen. Tun sie das nicht, kann
– sofern gegeben – die Steuerbegünstigung wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke gefährdet sein, da der nach § 63 Abgabenordnung zu führende Vermögensverwendungsnachweis dann nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen geführt werden kann.



Partrick Nessler

Rechtsanwalt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des BDG, Berliner Gartenfreund 9-2015

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