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Verfasst am 01.04.2015 um 18:00 Uhr

Die Parzelle im Nachlass

Zur Abwicklung eines Unterpachtverhältnisses nach dem Tod eines Kleingärtners     


Gartenarbeit macht bekanntlich alt – im positivsten Sinne einer langen, gesunden und erfüllten Lebenszeit. Wenn ein Kleingärtner, der seine Parzelle allein bewirtschaftet hat, im noch laufenden Unterpachtverhältnis verstirbt, kommt es hinsichtlich der Folgen für den Bestand des Pachtvertrages wesentlich darauf an, wieviele Vertragspartner im betroffenen Unterpachtvertrag bezeichnet waren. 


1. Tod des alleinigen Pächters

Mit dem Tod des Alleinpächters endet der Pachtvertrag gemäß § 12 Abs. 1 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) mit dem Ablauf des Kalendermonats, der auf den Tod des Kleingärtners folgt. Das vertragliche Unterpachtverhältnis und insbesondere „die Parzelle“ kann daher nicht vererbt werden, sondern nur Vermögensgegenstände auf der Parzelle und Rechte im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung, dazu gleich unten mehr.


2. Tod eines Unterpächter-Ehegatten/-Lebenspartners

Haben Eheleute oder eingetragene Lebenspartner einen Unterpachtvertrag gemeinschaftlich abgeschlossen und besteht die Ehe/ Lebenspartnerschaft noch bis zum Todeszeitpunkt, wird beim Tod des Einen der Vertrag mit dem Überlebenden fortgesetzt, wenn nicht der Überlebende binnen eines Monats nach dem Todesfall in Textform gegenüber dem verpachtenden Bezirksverband erklärt, dass er den Kleingartenvertrag nicht fortsetzen will, § 12 Abs. 2 BKleingG. Diese Frist ist streng einzuhalten und auch nicht verlängerbar, dient sie doch den Interessen aller Beteiligten: Der Überlebende soll schnell die Gewissheit bilden und erhalten, ob das Pachtverhältnis mit allen Pflichten und Möglichkeiten fortgesetzt werden soll. Der verpachtende Bezirksverband erlangt bei Beendigung des Pachtverhältnisses ebenso schnell die Möglichkeit, den Kleingarten einer Bewertung und Neuverpachtung zuzuführen, damit das Unterpachtverhältnis zügig abgewickelt werden kann.


3. Tod eines „Mitpächters“

Haben zwei oder mehr Personen ohne die vorgenannte rechtliche Verbindung, z.B. Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder Kinder zusammen einen Kleingartenpachtvertrag geschlossen, so findet § 12 Abs. 2 BKleingG seinem engen und definierten Wortlaut nach keine Anwendung. Wegen des insoweit klar begrenzten Anwendungsbereichs der Bestimmung muss das auch dann gelten, wenn bei ursprünglich verheirateten Vertragspartnern die Ehe im Todeszeitpunkt bereits geschieden bzw. die eingetragene Lebenspartnerschaft beendet war.


4. Folgen des durch Tod beendeten Unterpachtvertrages

Endet der Unterpachtvertrag wie oben zu 1. und 3. beschrieben, verbleiben die Baulichkeiten, die Außenanlagen, der Aufwuchs und alles sonstige Inventar einer Kleingartenparzelle im Nachlass des Verstorbenen. Nach § 1922 BGB geht mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Nach § 857 BGB geht auch die Besitzstellungan der Kleingartenparzelle auf den oder die Erben über. Der Erbe muss dabei vom Erbfall nicht einmal Kenntnis erlangt oder einen Besitzwillen über das Erbe gebildet haben, er tritt in die Rechtsnachfolge alleine aufgrund des tatsächlichen Erbfalls. 


a) Vertragsabwicklung mit den Erben

Erbe eines Unterpächters ist bzw. sind, wenn kein Testament vorhanden ist, nach der gesetzlichen Anordnung zunächst seine Abkömmlinge und, wenn solche nicht vorhanden sind, seine Eltern bzw. deren Abkömmlinge. Hat der verstorbene Unterpächter ein gültiges Testament errichtet, ergibt sich die Erbfolge aus den dortigen Anordnungen. In Fällen unbekannter oder ungewisser Erbfolge kann auch die Einsetzung eines Nachlasspflegers in Betracht kommen, § 1960 Abs. 1 BGB. Auskünfte zu vorhandenen Erben und zu etwaigen Testamentsvorgängen erteilt das fürden letzten Wohnsitz des Verstorbenen örtlich zuständige Amtsgericht als Nachlassgericht, wenn ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis des Rechtsnachfolgers nachgewiesen wird. 


Sind mehrere Erben vorhanden, wird der Nachlass zu deren gemeinschaftlichem Vermögen, § 2032ff. BGB. Die Erben können sich nur als Gemeinschaft gegenüber dem Bezirksverband erklären und der Bezirksverband muss seine Erklärungen an alle Erben richten. Insbesondere Leistungen können nur an alle Erben gemeinschaftlich erbracht und vom einzelnen Miterben nur an alle Erben gefordert werden. Für die Nachlassverbindlichkeiten haften die Erben als Gesamtschuldner. Ein einzelner Miterbe kann dabei vom Bezirksverband auf die gesamte Leistung in Anspruch genommen werden und erwirbt im Gegenzug im Innenverhältnis zu seinen Miterben einen anteiligen Ausgleichsanspruch gegenüber denjenigen Miterben, für die er in Vorleistung getreten ist.


b) Haftung, Rechte und Pflichten des/der Erben

Das beendete Unterpachtverhältnis wird insgesamt mit dem bzw. den Erben abgewickelt. Die Parzelle ist von dem oder den Erben zu räumen und an den verpachtenden Bezirksverband geräumt herauszugeben. 


Ergibt sich bei der Begehung des Kleingartens, dass der Verstorbene Vertragsverletzungen begangen hat, sind diese bzw. deren Folgen von dem/den Erben zu beseitigen. Pachtzinsrückstände des Verstorbenen haben die Erben zum Ausgleich zu bringen und ggf. ist auch Entschädigung durch die Erben an den Verpächter zu zahlen, wenn die Parzelle nach Vertragsende verspätet an den Verpächter zurückgegeben wird,  §§ 4 Abs. 1 BKleingG, 581 Abs. 2, 546a BGB. Hat – egal aus welchen Gründen – ein Dritter die Schlüssel zur Kleingartenparzelle, müssen die Erben sämtliche Schlüssel vom Dritten herausverlangen und dem  Bezirksverband übergeben oder dafür Sorge tragen, dass der Ditte die Schlüssel dem Bezirksverband übergibt.


Spiegelbildlich ist der Erbe/sind die Erben auch diejenigen, an welche bei Neuverpachtung des Kleingartens eine Entschädigungszahlung auszukehren ist und/oder die Einrichtungsgegenstände der Parzelle an sich nehmen bzw. verkaufen dürfen. Hat der verstorbene Unterpächter für seine Parzelle Ver- und Entsorgungsverträge für Müll, Wasser oder Strom abgeschlossen, können allein und müssen die Erben diese Verträge kündigen, damit nicht unnötige Kosten entstehen. Wie man gegenüber dem Bezirksverband und anderen Vertragspartnern seine Erbenstellung formgültig nachweist, war bereits Gegenstand des Artikels in der Ausgabe März 2014 im „Gartenfreund“. 


Auch wenn ein Todesfall stets mit Trauer um den Verlust eines Menschen verbunden ist und die Hinterbliebenen viel zu bedenken und zu organisieren haben, empfiehlt es sich, den Tod eines Kleingärtners und auch die Erbverhältnisse zügig dem Bezirksverband mitzuteilen, damit keine Fristen versäumt, weitere Aktivitäten in Gang gebracht und die Verhältnisse im Sinne des Verstorbenen zeitnah geregelt werden können.



Sabine Gorn

Juristin des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V., Berliner Gartenfreund 4-2015

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