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Verfasst am 03.03.2014 um 15:15 Uhr

Das Erbe eines Kleingärtners

Testament, Erbschein, Erbfolge


Beim Tode eines Kleingärtners geht nach § 1922 BGB dessen Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Daher ist es für beide Seiten eines Kleingartenpachtvertrages von Interesse festzustellen, wer Erbe geworden ist, wer also anstelle des Verstorbenen die bestehenden Rechte geltend machen und die bestehenden Verpflichtungen erfüllen muss. Ein Verpächter möchte, wenn der Tod des Kleingärtners den Kleingartenpachtvertrag beendet hat, wissen, wer für die ordnungsgemäße Rückgabe der Kleingartenparzelle verantwortlich ist und an wen er

eventuelle Entschädigungsleistungen oder Zahlungen zu leisten hat. Umgekehrt haben Erben ein Interesse daran, bestehende Verträge gegebenenfalls umgehend zu kündigen und Entschädigungszahlungen so schnell wie möglich zu erhalten. Daher sind beide Vertragsparteien

bestrebt, möglichst effektiv einen Nachweis über die Erbenstellung zu erhalten.


Die gesetzliche Regelung

Die Vorschriften im gesetzlichen Erbrecht enthalten keine speziellen Regelungen über den Nachweis einer Erbenstellung. Ein Erbe kann daher alle Beweismöglichkeiten nutzen, um sein bestehendes Erbrecht gegenüber einem Vertragspartner nachzuweisen. Umgekehrt hat der Vertragspartner eines Verstorbenen eigenverantwortlich zu prüfen, ob das behauptete Erbrecht in der Person des Erben tatsächlich besteht.


Der Erbschein

Die Vorlage eines Erbscheines stellt das sicherste Mittel dar, ein Erbrecht im Rechtsverkehr nachzuweisen. Denn an den Erbschein wird die gesetzliche Vermutung geknüpft, dass das im Erbschein ausgewiesene Erbrecht in dem dort angegebenen Umfang besteht. (§ 2365 BGB). Ein Schuldner kann daher mit befreiender Wirkung an diejenige Person leisten, die im Erbschein als Erbe ausgewiesen ist (§ 2366 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt der Erbschein wegen Unrichtigkeit eingezogen wurde, z.B. weil ein jüngeres Testament aufgefunden wurde, in dem eine andere Person zum Erben eingesetzt worden ist. Wegen der besonderen Schutzfunktion des Erbscheines hatte sich in der

Praxis eingebürgert, den Nachweis der Erbenstellung von der Vorlage eines Erbscheines abhängig zu machen.


Eröffnetes öffentlichesTestament

Hatte der Verstorbene ein notarielles Testament (= öffentliches Testament) errichtet, so kann die Erbenstellung durch Vorlage eines beglaubigten Protokolls über die Eröffnung des notariellen Testaments nachgewiesen werden (BGH, Urt. vom 07.06.2005 – XI ZR 311/04 –). Nur in begründeten

Zweifeln an der Richtigkeit dieses Testaments darf dieser Nachweis zurückgewiesen und die Vorlage eines Erbscheines verlangt werden. Die bloße Möglichkeit, dass noch ein weiteres, jüngeres Testament existieren könnte, in dem eine andere Person zum Erben eingesetzt worden sein könnte,
genügt nicht. Vielmehr ist es Sache des Vertragspartners, selbst zu prüfen, ob sich aus dem vorgelegten notariellen Testament die Erbenstellung ableiten lässt.


Eröffnetes privatschriftliches Testament
Dieselben Erwägungen gelten auch für ein eröffnetes privatschriftliches Testament. Dies gilt allerdings nur dort, wo der Nachweis nicht durch öffentlich beglaubigte Schriftstücke geführt werden muss (dies ist z.B. in Grundbuchund Handelsregistersachen der Fall). Bei privatschriftlich verfassten Testamenten besteht jedoch das Problem, dass der Verstorbene sehr häufig missverständliche Verfügungen trifft. Ihm ist oftmals
nicht bekannt, dass die erbrechtlichen Vorschriften die Einsetzung eines Erben verlangen. Stattdessen werden einzelne Vermögensgegenstände
verschiedenen Personen zugewiesen, sodass nicht klar ist, ob die Zuweisung der Vermögensgegenstände zugleich eine Erbeinsetzung oder lediglich die Anordnung von Vermächtnissen darstellen soll. Bei derartigen unklaren Verfügungen wird das durch das Nachlassgericht eröffnete
Testamentsprotokoll nicht ausreichen, um die Erbenstellung nachzuweisen.


Gesetzliche Erbfolge
Hat der Verstorbene kein Testament hinterlassen, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Obwohl in vielen Fällen die gesetzliche Erbfolge unklar sein kann, gelten auch hier die allgemeinen Regelungen über den Nachweis eines Anspruchs. Auch der gesetzliche Erbe könnte grundsätzlich versuchen, sein Erbrecht ohne Vorlage eines Erbscheines nachzuweisen. Dies wird ihm in der Regel nur gelingen, wenn der Verstorbene z. B. eine Ehefrau und Kinder hinterlässt und diese mittels Vorlage der Original-Standesamtsurkunden das gesetzliche Erbrecht belegen können. Allerdings wird man dann von den Erben verlangen müssen, dass sie zusätzlich erklären, dass kein Testament aufgefunden wurde und dass nach ihrer Kenntnis keine
weiteren Abkömmlinge, also auch keine nichtehelichen und keine adoptierten Kinder vorhanden sind. In vielen Fällen wird dennoch keine eindeutige Rechtslage vorliegen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Verstorbene von seiner Ehefrau getrennt gelebt hatte, da in diesen Fällen der Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB denkbar ist.


Vertragliche Regelung
Da die Gesetzeslage den Vertragspartnern die Prüfungspflicht auferlegt, ob ein Erbrecht besteht, sahen viele Verträge in allgemeinen Geschäftsbedingungen – insbesondere die Geschäftsbedingungen der Banken – vor, dass ein Erbe grundsätzlich seine Erbenstellung durch einen Erbschein nachweisen muss. Der BGH hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 8. Oktober 2013 – XI ZR 401/ 12 – seine bisherige Rechtsprechung
bestätigt und ausgeführt, dass allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Nachweis der Erbenstellung von der Vorlage eines Erbscheines abhängig machen, unwirksam sind. Derartige Klauseln benachteiligen den Verbraucher unangemessen. Nach Auffassung des BGH ist das Interesse
des Erben, möglichst rasch und kostengünstig den Nachlass abwickeln zu können gegenüber dem Interesse des Vertragspartners, die Erbenstellung risikolos feststellen zu können, vorrangig. Ein Vertragspartner, der zu Unrecht auf die Vorlage eines mit Kosten verbundenen Erbscheins besteht, macht sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig gegenüber dem Erben.


Fazit
Die Verpächter werden sich zukünftig intensiver mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob ein Erbe sein Erbrecht ohne Vorlage eines Erbscheines ausreichend nachgewiesen hat. Bei der Vorlage eines eröffneten Protokolls bezüglich eines öffentlichen Testaments durch das Nachlassgericht dürfte in der Regel eine Prüfung ohne Probleme möglich sein. Die Verpächter müssen dabei darauf achten, dass es sich tatsächlich um eine beglaubigte Ablichtung des Eröffnungsprotokolls handelt.


Bei der Vorlage eines beglaubigten Eröffnungsprotokolls bezüglich eines privatschriftlichen Testaments sowie bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, dürfte in vielen Fällen dem Verpächter eine Prüfung ohne Einholung von Rechtsrat nur schwer möglich sein. Wenn aber ein Erbe ohnehin schon – aus anderen Gründen – einen Erbschein beantragt hat, sollte in Abstimmung mit den Erben in diesen Fällen die Erteilung eines Erbscheines abgewartet werden.



Klaus Kuhnigk

Jurist des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V., Berliner Gartenfreund 3-2014

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