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Verfasst am 12.02.2019 um 09:37 Uhr

Selbsternannte Stadtentwickler sind auf Kleingärten scharf

Präsidium der Berliner Gartenfreunde bezieht Stellung - Pressemitteilung

Nachdem der Investor und Immobilienentwickler Arne Piepgras und der Vorsitzende des Bundes Deutscher Architekten, Andreas R. Becher, mehrfach in offenen Briefen und Interviews in der Tagespresse kundgetan haben, dass sie und ihre Interessengruppen gerne in der Hauptstadt bauen wollen, erhebt nun auch die Baukammer Berlin die Stimme. Sie wartet mit einem „Zahlenspiel“ auf, in dem eine große Anzahl an Wohnungen möglich sei, wenn die Kleingärtner nicht Kleingärtner wären.


Legale Pächter und Dienstleister für die Stadt

Günter Landgraf, Präsident des Landesverbands Berlin der Gartenfreunde e.V., erläutert „Kleingärtner sind legale Pächter mit gültigen Verträgen. Im Gegenzug für die günstige Pacht bewirtschaften Lebensgemeinschaften, Familien und Freunde die Parzellen auf eigene Kosten. Aus eigener Tasche werden grüne Lungen für Berlin erhalten, werden Biotope und Verdunstungskühle für die Großstadt geschaffen, wird in der Gemeinschaft gegen Altersvereinsamung gearbeitet und für grüne Lernorte gesorgt.“ Die Laubenpieper arbeiten so bereits seit über hundert Jahren für das Berliner Stadtgrün, das auch von Anwohnern und Besuchern als Naherholungsort genutzt wird. „Zunehmend kommen junge Leute als Pächter dazu, die mit ihren Urban Gardening-Verständnis für frischen Wind sorgen“, so Landgraf weiter.


„Das Zahlenspiel von Bauingenieur Christian Müller hat zwar eine schöne hohe Zahl an Wohnungen als Endergebnis, es ist aber unrealistisch“, erklärt Manfred Hopp, Vizepräident des Landesverbands der Gartenfreunde. Die durchschnittliche Wohnfläche bei Neubauwohnungen sinke zwar seit Jahren, lag aber 2015 in Berlin noch immer bei fast 90 qm pro Wohnung. Die Bebauung der Randflächen aller Kleingartenanlagen in Berlin sei ebenso unrealistisch. Es gäbe ja immer noch den Flächennutzungsplan (FNP) und die Bebauungspläne. „Das alle Kleingärtner auf Bauland sitzen würden, ist faktisch falsch, die meisten sind im FNP als Grünflächen oder als Dauerkleingartenanlage ausgewiesen“, so Hopp weiter. 

 

Marktschreier für die Baubranche

Dass die verschiedenen Interessenvertreter der Berufsbranchen das Beste für sich herausholen wollen, sei legitim. „Was mich aber stört, ist die marktschreierische Masche der Baubranche“, erklärt Landgraf. „,Sie okkupieren Bauland‘ sagte Christian Müller im Interview in der Tagespresse und legt damit nahe, dass wir widerrechtlich etwas ‚besetzen‘ würden. Falsch! ‚Als sei es ihr Eigentum‘. Richtig! Wir bewirtschaften die gepachtete Parzelle mit Respekt als sei es unsere eigene. ‚Wertvolles Bauland‘ – wertvoll für wen? Für den, der bauen will! Wir säßen ‚mitten in Berlin‘ sagte mal ein anderer Baubefürworter. Als wenn alle in der Innenstadt gärtnern würden. Ja, Berlin ist ein Bundesland, da sitzt jeder Berliner mitten drin“, stellt der Präsident Landgraf fest. „Aber gerade auf solche Grundstücke sind ja die selbsternannten ‚Stadtentwickler‘ scharf“, meint Vizepräsident Hopp. „In der Innenstadt, schon an der Infrastruktur angeschlossen. Hier können die Bauunternehmen ‚schnell‘ bauen. Und ‚günstig‘. Ich frage mich, ob wirklich eine günstige Miete am Ende herauskäme.“


Stadt- und Regionalplaner an den Tisch

„Die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen sowie für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz machen das ganz richtig. Sie sitzen mit wirtschaftlich unabhängigen Stadt- und Regionalplanern am Tisch und hier liegt unser Vertrauen“, macht Günter Landgraf deutlich. „Wir setzen auf eine Beteiligung an umweltgerechten, sozialen Entwürfen für eine gerechte Stadtentwicklung“. Das Berliner Stadtgrün gehöre unbedingt dazu. Man könne nicht endlos bauen, bis Berlin nur noch ‚Westentaschenparks‘ hat, wie es beim Klimagipfel in Kattowitz zu hören war, als eine mögliche Empfehlung für Metropolen mit zu wenig Stadtgrün. „Dort kämen alle Bedarfe zu kurz: Die mitmenschlichen, die ökologischen und auch die klimatischen Anpassungen einer Großstadt an den Klimawandel“, schließt Landgraf.

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