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Verfasst am 09.06.2023 um 09:18 Uhr

Anhörung des Landesverbandes im AGH-Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz zur Sicherung von Kleingärten  
    

Am 8. Juni 2023 tagte der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz des Abgeordnetenhauses Berlin. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Punkte


-     „Kleingartensicherung in Berlin und Stand Kleingartenentwicklungsplan (KEP)“ auf Antrag der Fraktionen der Grünen und der Linken,
-     „Möglichkeiten der Sicherung von Kleingärten ausloten und nutzen“ auf Antrag der SPD- und CDU-Fraktion.


Zu der anschließenden Anhörung war der Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e. V. eingeladen. Es sprach Präsident Gert Schoppa. Hier seine vollständige Rede:


"Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Senatorin, sehr geehrte Staatssekretärin,
sehr geehrte Mitglieder des Umwelt- und Klimaschutzausschusses,
sehr geehrte Damen und Herren,


Wir freuen uns, dass sich ihr Ausschuss heute mit der zukünftigen verbindlichen Sicherung der Berliner Kleingartenflächen beschäftigt. Und ihre bisherige Debatte, die sich zentral um die Klimaschutzfragen drehte, hat deutlich gemacht, wie wichtig die Grünflächen in der ganzen Stadt sind. Die kleinen Gärten werden in Zukunft in diesem Zusammenhang einen noch viel größeren Stellenwert bekommen, wie Untersuchungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung eindrucksvoll bestätigen.


Seit circa 15 Jahren erleben die Kleingärten in der Stadt eine Renaissance. Die Einschränkungen durch die Corona-Epidemie haben den Drang nach einem Kleingarten zusätzlich befeuert. Derzeit gibt es berlinweit mehr als 20.000 Wartende auf einen Kleingarten bei einer jährlichen Fluktuation von ca. 3.300 Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern.


Angesichts dieser Lage drängt der Landesverband Berlin der Gartenfreunde schon lange darauf, in Berlin eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Verbänden und der Stadt zur dauerhaften Nutzung und Weiterentwicklung der heute kleingärtnerisch genutzten Flächen zu treffen. Die Entwicklung in den zu-rückliegenden Jahrzehnten sah leider nur eine Richtung: Sowohl die Fläche für die kleingärtnerische Nutzung als auch die Anzahl der Parzellen nahm stetig ab. Allein in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten verlor Berlin Kleingartenflächen, die etwa die zweifache Größe des Berliner Tiergartens ausmachen, und dies trotz sogenannter Kleingartenentwicklungspläne.


Die Menschen in den Gärten würden sich noch stärker engagieren, wenn sie gesicherte Zukunftsaussichten hätten. Und hier bin ich beim entscheidenden Punkt:


Mit dem Kleingartenentwicklungsplan 2030 liegt uns eine gute Analyse des derzeitigen Bestandes an Kleingärten vor. Der KEP enthält auch gute Empfehlungen zum Handlungsbedarf durch die Berliner Bezirksämter. Er sollte deshalb regelmäßig als Informationsquelle und Entscheidungsgrundlage für das Parlament und die Regierung aktuell gehalten werden und wir danken den zuständigen Mitarbeiterinnen der Senatsverwaltung für die geleistete Arbeit sehr. Was in den zurückliegenden Jahren allerdings fehlte, war die planvolle Umsetzung der Empfehlungen aus diesem Plan, der bislang auch nicht vom Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Deshalb drängen wir auf rechtsverbindliche Lösungen über den KEP hinaus.


Der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. regt an:


1.    Das Land Berlin muss Vorbildfunktion ausüben und sollte in geeigneter Form eine prüf- und einklagbare Selbstverpflichtung eingehen, auf die Inanspruchnahme der im KEP aufgelisteten landeseigenen kleingärtnerisch genutzten Flächen zu verzichten und sie lediglich für Maßnahmen der Daseinsvorsorge und dies überhaupt erst nach einer eingehenden Befassung im Parlament in die bauplanerische Perspektive zu nehmen. Diese Verpflichtung kann nach unserer Meinung mit Hilfe eines Kleingartenflächensicherungsgesetzes erreicht werden, welches nicht in Konkurrenz zu Bundesgesetzen stehen darf.  Mit dem Gesetz darf es nicht nur eine Festschreibung des heutigen Status Quo geben. Es muss Entwicklungen ermöglichen, und zwar auf der Grundlage des Bundeskleingartengesetzes.


2.    Eine weitere Aufgabe eines Kleingartenflächensicherungsgesetzes sollte sein, die Anpassung des Flächennutzungsplanes von Berlin mit dem Ziel vorzusehen, alle dauerhaft als Kleingärten zu sichernden Flächen in diesem auch als Grünflächen mit Zweckbindung Kleingärten darzustellen. Dies soll auch für Flächen gelten, die vor 1990 für andere Baunutzungen vorgesehen waren.
Wir bitten den Ausschuss zu prüfen oder prüfen zu lassen, inwiefern auch Flächen unter 3 ha Größe gegebenenfalls durch einen tabellarischen Anhang in den Flächennutzungsplan einbezogen werden können, wie nach unserem Wissen schon in anderen Kommunen praktiziert.


3.    Das Land Berlin soll bei Flächenankäufen besonders schützenswerte Kleingartenanlagen auf privatem Grund und Boden berücksichtigen und für deren Ankauf eine Prioritätenliste aufstellen und finanzielle Mittel bereitstellen.


4.    Die Verwaltung sollte mit einem Gesetz verpflichtet werden, für alle neuen großen Wohnquartiere die kleingärtnerische Nutzung von Flächen mit vorzusehen und darauf Einfluss zu nehmen, sie auch zu planen. Eine wachsende Stadt benötigt auch die (klein-)gärtnerische Infrastruktur. Kleingärten haben eine große soziokulturelle Bedeutung.


5.    Wir regen schließlich an, Modellprojekte für die Nutzung von Gemeinschaftsflächen auf landeseigenen Kleingartengrundstücken für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu entwickeln und damit auch in Berlin Erfahrungen zu sammeln
Mit einer solchen Sicherung der Kleingärten oder parallel dazu könnte über die zukünftige möglichst einheitliche und partizipative Verwaltung der Kleingartenflächen in der Stadt nachgedacht werden. Dabei kann ein von der CDU angeregtes Stiftungsmodell sinnvoll sein, welchem wir nicht abgeneigt gegenüberstehen. Hierzu wäre aber noch viel Sach- und Aufklärungsarbeit zu leisten, ehe unsere Organisation dem mit Überzeugung zustimmen kann. Unter anderem Fragen der nachhaltigen Durchfinanzierung einer solchen Stiftung für Personal- und Sachmittel sowie gesellschafts-, bauordnungs- und vertragsrechtliche Angelegenheiten wären zu debattieren und zu klären.


Wir erwarten, dass sowohl die Regierungsparteien als auch die Opposition die gewählten Vertreter des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V. in die Entscheidungsprozesse aktiv einbeziehen und dass wir in der verbleibenden Legislatur Zeit einen großen Schritt vorankommen.


Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und stehe für Fragen gern zur Verfügung."



Im Weiteren befasste sich der AGH-Ausschuss mit den Anträgen „Rechtlichen Rahmen für ein Kleingartenflächensicherungsgesetz prüfen“ und „Kleingartenflächensicherungsgesetz Berlin - Kleingartenkultur und Erholungsraum erhalten!“.



Pressekontakt: Gert Schoppa, Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V., Spandauer Damm 274, 14052 Berlin, Tel. 030-30 09 32-0, info@gartenfreunde-berlin.de.