Verfasst am 12.05.2023 um 10:01 Uhr

Wasserkrise voraus!    

Der Klimawandel bedroht auch unsere Kleingärten    

Die Folgen des Klimawandels für Berlin und insbesondere seine Kleingärten wurden im Rahmen einer „Gartenfreund“-Serie in den Jahren 2017 bis 2019 bereits ausführlich dargestellt. In diesem Jahr soll speziell das Thema Wasser beleuchtet werden. Dass es sich dabei um ein kritisches Thema handelt, haben die Berliner Gartenfreunde in den Trockenjahren 2018, 2019 und 2020 bereits erfahren dürfen. Die Niederschlagssituation eines Jahres wird in der Meteorologie gewöhnlich über die Summe aller Niederschläge in mm angegeben. Im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 fielen in Berlin pro Jahr fast 560 mm – das sind 560 Liter Wasser pro m2. Im Zeitraum 1991 bis 2017 waren es dann knapp 600 mm jährlich, eine leichte Zunahme. Aber gleichzeitig sind die Temperaturen in Berlin auch gestiegen: In der Periode 1961 bis 1990 lag die Jahresdurchschnittstemperatur in Berlin bei 8,7 °C, in der Periode 1991 bis 2017 dann bei 9,6 °C (siehe Grafik unten).




Thermopluviogramm der Region Brandenburg-Berlin: Mittlere Temperatur gegen Niederschlagssumme auf Basis der hydrologischen Jahre. Klimanormalperiode 1961 bis 1990 (hellgrau), Zeitraum 1991 bis 2017 (dunkelgrau), 2017 (grün), 2018 (orange), 2019 (rot), 2020 (dunkelrot). Das langjährige Mittel in der Klimanormalperiode ist durch eine hellgraue gepunktete Linie, das langjährige Mittel im Zeitraum 1991 bis 2017 durch eine dunkelgraue gestrichelte Linie gekennzeichnet.*

Dürre und Starkregen nehmen zu
Jedem Punkt im Diagramm entspricht ein Jahr. Wie man leicht erkennen kann, sind die dunkleren Punkte der jüngeren Zeit (1991– 2017) gegenüber den helleren der älteren Zeit (1882–1990) nach rechts verschoben – es ist deutlich wärmer in Berlin geworden. Was der Klimawandel für uns bedeutet, zeigen die vier in der Abbildung farblich hervorgehobenen Jahre: 2018, 2019 und 2020 waren außergewöhnlich heiß und trocken, während 2017 überdurchschnittlich feucht und nur etwas wärmer war. Die drei zuerst genannten Jahre waren geprägt durch Hitze und Dürre, im Jahr 2017 gab es Starkregen und Überflutungen.


Beides werden wir in Zukunft öfter beobachten, wenn der Klimawandel ungehindert weitergeht. In unserem Anpassungskonzept für Berlin (AFOK) – es lag auch der Klima-Serie im Gartenfreund zugrunde – haben wir prognostiziert, dass das Klima in Berlin gegen Ende des 21. Jahrhunderts in etwa dem Klima ähnelt, das die Stadt Toulouse in Südfrankreich heute schon hat. Andere Studien sehen Berlin zu diesem Zeitpunkt sogar schon in Zentralspanien. Das bedeutet: Es wird nicht nur überhaupt wärmer (auch im Winter), es wird insbesondere im Sommer längere und intensivere Hitzeperioden geben.

Mehr Verdunstung durch Hitze

Die Niederschläge sind in Klimamodellen stets schlechter zu prognostizieren als die Temperaturentwicklung; es bestehen also gewisse Unsicherheiten. Aber die meisten Modelle zeigen bis zum Ende des Jahrhunderts für Berlin sogar eine leichte Zunahme des Jahresniederschlags. Das wird allerdings hauptsächlich im Winter und im Frühling passieren. Im Sommer dagegen gehen manche Modelle von einem Rückgang der Niederschläge (bis –9 %) aus, während andere einen Anstieg um 9 % voraussagen. Der entscheidende Punkt aber ist: Mit steigenden Temperaturen (und intensiverer Sonneneinstrahlung) nimmt auch die Verdunstung zu.


Da die Temperatur in Berlin stärker ansteigt als die Niederschläge (schon in der Vergangenheit zu beobachten, vgl. in der Abb. die vertikalen und horizontalen Änderungen), verschlechtert sich die sogenannte Klimatische Wasserbilanz, also das Verhältnis von Niederschlag und Verdunstung. Folge: Auch bei leicht erhöhten Niederschlägen im Sommer trocknen die Böden aus. So geschehen bereits in den Hitze- und Trockensommern 2018, 2019 und 2020. Allein 2018, ein historisch betrachtet wirklich außergewöhnlich trockenes Jahr, war die Klimatische Wasserbilanz mit 290 mm im Defizit.


Wasser ist knapp – auch im Garten

Solche Defizitjahre werden leider häufiger auftreten. Das ist nicht nur schlecht für das Pflanzenwachstum und den Geldbeutel des Kleingärtners (es wird zusätzliches Bewässerungswasser gebraucht), es ist auch schlecht für die Flüsse und das Grundwasser und damit für die längerfristige Wasserversorgung. Konflikte um Wasser sind nicht auszuschließen.


Was heißt das für die Berliner Kleingärten? 

Erforderlich sind eine angepasste Sortenwahl, eine Bodenbedeckung und -bewirtschaftung, die Verdunstung mindert und die Wasserhaltekapazität steigert. Eine effiziente Bewässerungstechnik und ein gutes Timing des Gießens sind das Nächste. Wasserrückhalt und Wasserspeicherung sollten im Garten großgeschrieben werden. Wir brauchen auch angemessen groß dimensionierte Regenwasserspeicher – nicht zuletzt, um die Starkniederschläge abzupuffern. In allen diesen Punkten helfen Ihnen die Gartenfachberater gerne! Wir müssen uns noch mehr als bisher klarmachen, dass Wasser ein knappes Gut ist und zunehmend sein wird.


Dr. Fritz Reusswig

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)


Weitere Informationen finden Sie hier:

Programm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Berlin (AFOK):

www.bit.ly/programm-afok


Dieser Textbeitrag ist in der Mai-Ausgabe 2023 der Verbandszeitschrift Berliner Gartenfreund, Seite 34, erschienen und mit freundlicher Gehnemigung des Autors auch hier online. 


Foto: Pixabay

*Grafik: Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verkehr und Klimaschutz (Quelle: Die Niedrigwasserjahre 2018, 2019 und 2020. Analysen und Auswirkungen für das Land Berlin. Herausgeberin: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Öffentlichkeitsarbeit, Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin, www.berlin.de/sen/uvk. Daten: DWD (opendata: Zeitreihen für Gebietsmittel für Bundesländer und Kombinationen von Bundesländern: https://opendata.dwd.de/climate_environment/CDC/regional_averages_DE).)