Bei der Pflanzenvermehrung wird grundsätzlich zwischen der generativen (geschlechtlichen) und vegetativen (ungeschlechtlichen) Vermehrung unterschieden. Die geschlechtliche Vermehrung geschieht durch Samen, die ungeschlechtliche durch Pflanzenteile wie z.B. Stecklinge. Ein Samen entsteht nach der Befruchtung einer Blüte. Das kann durch Insekten oder den Wind geschehen. Nur durch die geschlechtliche Vermehrung kommt es zu einer Neukombination von Genen. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung kommt es dagegen zu keiner Neukombination, alle Nachkommen sind somit genetisch identisch.
Aus eins mach viele -Pflanzenvermehrung im Garten
Teil 1 Generative Vermehrung
Was sind F1-Hybriden?
Es ist eine Auswahl von geeigneten „Mutter- und Vaterpflanzen“, die bestimmten Eigenschaften und damit bestimmtes Erbmaterial besitzen. Durch deren Kreuzung entstehen Samen mit einem definierten Genmix. Hieraus wachsen Pflanzen zu F1-Hybriden. F1 steht für die erste Tochtergeneration. Das F kommt aus dem lateinischen und heißt Filia. Die Bezeichnung F1 wird an den Sortennamen angehängt. Die Samen/Nachkommen der F1 Generation können sich aufspalten und damit andere Eigenschaften aufweisen.
Hybride oder Samenfest?
-Hybridsorten
Kaufen Sie Saatgut, finden sich darunter auch viele F1-Sorten bzw. F1-Hybriden. Dabei handelt es sich um die erste Tochtergeneration aus einer Kreuzung von zwei Pflanzen mit bestimmten genetischen Eigenschaften. Die Elternpflanzen werden dabei so ausgewählt, dass sich die positiven Eigenschaften in der Tochtergeneration vereinen. Dabei kann es sich z.B. um eine bestimmte gewünschte Wuchsform, Farbe, Geschmack, Resistenzen usw. handeln. Ein weiteres Ziel ist zudem, möglichst hohe Erträge zu erzielen. Samen aus der F1 Generation können nicht zur Vermehrung genutzt werden. Die Ernte von Hybridsaatgut ist ein „Einweg Saatgut“. Würden Sie die Samen dieser F2-Generation aussäen, wären alle Nachkommen unterschiedlich, da sich die genetischen Eigenschaften der ursprünglichen Kreuzungspartner in den verschiedensten Kombinationen aufspalten.
-Samenfeste Sorten
Als samenfest werden dagegen Sorten bezeichnet, die über viele Jahre durch mehrere Kreuzungen und Selektionen entstanden sind. Sie sind die Grundlage der Kulturpflanzenvielfalt, denn sie geben ihre Eigenschaften auch an ihre Nachkommen weiter. Viele samenfeste Sorten sind alte gärtnerische und regionale Zuchtsorten, deren Entstehungsort sich häufig im Namen wiederfindet wie z.B. bei der Spitzkohlsorte ‘Stuttgarter Filderkraut’, dem Blumenkohl ‘Erfurter Zwerg’ oder dem Romanasalat ‘Wiener Maidivi’. Sie sind an die jeweiligen Standorte und ihre dortigen Bedingungen sehr gut angepasst. Sie sind im Gegensatz zu den F1-Hybridsorten zwar meist weniger ertragreich, dafür in der Regel aber robuster.
Optimale Keimbedingungen (Kalt- oder Frostkeimer bzw. Warmkeimer)
Viele mediterrane Gemüsearten wie z.B. Tomaten oder Paprika keimen sofort bei Temperaturen um 20 °C und gehören damit zu den sogenannten Warmkeimern. Andere Arten benötigen dagegen zuvor eine längere Kälteperiode von unter 5 °C, um anschließend bei warmen Temperaturen keimen zu können. Der Grund dafür ist, dass die Samen austriebshemmende Hormone enthalten und diese erst abgebaut werden müssen. Hierzu zählen z.B. Christrose, Bärlauch, Lavendel, Pfingstrose, Tulpe oder Veilchen. Diese Arten von Pflanzen gehören zu den Kalt- oder Frostkeimern.
Samenernte
Der Zeitpunkt der Samenernte ist witterungsabhängig und sortenabhängig. Fruchtgemüse z.B. Tomaten werden nur in vollreifem Zustand geerntet. Korbblütler z.B. Salat: erntet man kurz bevor der Samen von selbst ausfällt (bei Regen überdachen). Hülsenfrüchte z.B. Erbse und Bohne werden nur in vollkommen trockenem Zustand geerntet. Die Samen rasseln in der Schale.
Kreuzblütler z.B. Kohl, Radieschen und wilde Rauke werden geerntet, wenn die Schoten trocken sind. Voll ausgereifte Samen haben die höchste Keimkraft!
Saatgutaufbereitung
Die Aufbereitung von Saatgut lässt sich durch: trocknen, dreschen, reinigen, aussieben oder nassreinigen gewährleisten. Bei Tomatensamen wird die Nassreinigung gewällt. Tomatensamen werden in ein Glas mit Wasser gegeben, damit sich das Fruchtfleisch vom Samen löst, Fingertest! Anschließend wird das Saatgut getrocknet und ausgebreitet auf einem Kaffeefilter. Je trockener das Saatgut, desto besser lässt es sich lagern.
Lagerbedingungen für Saatgut
Die Keimfähigkeit von Samen hängt in erster Linie von den Lagerbedingungen ab. Eine geringe Luftfeuchtigkeit von etwa 35% wäre ideal. Die Temperatur zur Lagerung sollte sich zwischen 4 bis 15 C° bewegen. Zur Lagerung von Samen eignen sich Behältnisse die Luftdicht verschlossen sind und möglichst ein dunkler Lagerort.
Eine Keimprobe machen
Durch eine Keimprobe können Sie schnell und einfach die Qualität des Saatgutes testen. Legen Sie die Samenkörner dafür auf ein feuchtes Küchenpapier auf einem Teller und decken Sie das Ganze mit einem Glas ab. Die Temperatur sollte anschließend bei ca. 22 °C liegen. Wenn nach zwei bis drei Wochen weniger als die Hälfte der Saat gekeimt ist, ist das Saatgut wertlos.
1-2 Jahre | 2-3 Jahre | 4-5 Jahre | 5-6 Jahre |
Dill | Tomate | Kohl | Kürbis |
Schnittlauch | Zwiebel | Radieschen | Zucchini |
Petersilie | Feldsalat | Rettich | Melonen |
Bohnenkraut | Bohnen | Endivien | |
Fenchel | Erbsen | Gurken | |
Kümmel | Spinat | Sellerie | |
Lauch | Kopfsalat | | |
Möhren | | | |
Tabelle: Überblick der Keimfähigkeit verschiedener Gemüsearten
Ein Beispiel: Einen Apfelbaum aus Samen ziehen
Wenn Sie einen Apfelbaum aus Samen ziehen wollen, sollten Sie wie folgt vorgehen:
Nehmen Sie zuerst die Kerne aus dem Apfel, säubern, vereinzeln und trocknen Sie sie. Um eine Keimung der Samen zu erreichen, müssen Sie diese in feuchten Küchentüchern
ca. sechs Wochen in den Kühlschrank legen (Wintersimulierung), um so die natürliche
Keimsperre aufzuheben. Die natürliche Keimsperre verhindert in der Natur das Keimen der Samen zur Winterzeit, bei der weder Wärme noch Licht ausreichend vorhanden wären. Erst nach der Aufhebung der natürlichen Sperre keimen die Apfelkerne. Daher überstehen Apfelkerne gut den Frost.
Schauen Sie regelmäßig nach, ob die Kerne anfangen zu treiben. Nach dem Keimen pflanzen Sie die Apfelkerne möglichst einzeln in ein Pflanzgefäß mit Aussaaterde und sorgen für ausreichend Feuchtigkeit. So sollten dann die ersten zwei Keimblätter sichtbar werden, und das Bäumchen wird sich entwickeln. Wenn es groß und kräftig genug erscheint, können
Sie es im Frühjahr an einen sonnigen Standort im Garten pflanzen. Der Baum wird nur zu einer Wildform heranwachsen. Die Sortenreinheit ist nur über eine Veredlung möglich.
Was steckt in der Samentüte?
Vorderseite | Rückseite |
Marke/Hersteller | EG-Prüfnummer |
Gemüseart/Gemüsesorte | Füllmenge |
Beschreibung der Gemüsesorte | Sorten und botanischer Namen |
Artikelnummer | Kulturhinweise z.B. als Piktogramm |
Siegel/ Hinweis | Ausführliche Beschreibung |
Tabelle: Eine Übersicht was alles auf einer Samentüte alles angegeben ist
Saatgutsicherung
Auf Spitzbergen lagert unser wichtiger Schatz des Saatgutes der Erde. Hier befinden sich ca. eine Million Nutzpflanzen aus 240 Ländern im Weltsaatgut-Tresor. Der Bau des Gebäudes begann im Mai 2007 und wurde im März 2008 eröffnet. Im Inneren des Gebäudes herrschen Temperaturen von -18C°. Die Jahresdurchschnittstemperatur der Umgebung liegt hier bei -7C° Inneren gibt es 3 Kammern Platz für 4,5 Mio. Samenproben und jede Probe besteht aus 500 Samen. Weltweit gibt es 1750 Saatgutbanken mit insgesamt sieben Millionen Saatgutproben.
Sven Wachtmann, Vorstandsmitglied für Fachberatung
02/2021, 09/2022, 12/2022